Schloss Dornburg an der Elbe
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Die Kirchweihe 1758 Grabsteine

Zur Einweihung der Schloss- und Dorfkirche in Dornburg an der Elbe am 3. September 1758
von Stefan Schüler1

Der Pastor der Kirchgemeinde St. Bartholomäie in Zerbst war meist auch Superintendent des Landes Anhalt-Zerbst. Große Teile des alten Archivs blieben hier erhalten, u. a. fanden sich "Acten die Parochie Dornburg betreffend 1675-1772",
2 welche die Vorgänge bei der Einweihung der Dornburger Kirche beleuchten.

Johann Daniel Kluge (1701-1768) wurde 1745 Superintendent in Zerbst, nachdem er in Dornburg vor der versammelten Herrschaft eine Probepredigt gehalten hatte.
3 Am 16. August 1758 unterbreitete Kluge folgenden Vorschlag zur Einweihung der neuerbauten Dornburger Kirche: "Mögte nicht diese feierliche Handlung am fünfzehnten Sonntage nach dem Feste der Dreieinigkeit, dem 3 Herbstmon. geschehen, damit alles Nötige vorher veranstaltet werden könne? Andere Amtsgeschäfte nöthingen mich auch diesen Sonntag unmaßgeblich vorzuschlagen."2

Vergleicht man die Baurechnungen, so muss die Kirche, bis auf kleinere Restarbeiten, schon Monate vorher vollendet gewesen sein.
4 Die eigentliche Bauherrin, Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst, war aber wegen einer Spionageaffäre um den Marquis de Fraigne gemeinsam mit ihrem Sohn, Friedrich August, im März geflohen. Vielleicht wollte man ursprünglich ihre Rückkehr abwarten. Sicherlich stand den Menschen im kleinen Fürstentum der Sinn nicht nach großen Feiern. Während der Preußenkönig, Friedrich II., das Land mit Durchmärschen seiner Armee, Kontributionsforderungen und Rekrutierungen schikanierte, wurde es durch ein sechsköpfiges Administrationskollegium regiert.5 "Einer der wenigen tüchtigen und aufrechten Verwaltungsbeamten, der Justizamtmann Ittig, der den Versuch wagte, zum Fürsten zu reisen und ihn über die Missstände in der Verwaltung auf­zuklären, büßte seinen Wagemut, seinen Freimut und sein patriotisches Unternehmen mit anschließender Gefängnisstrafe."6 Bevor Herr Ittig die Unzulänglichkeiten seines Landesherrn am eigenen Leib kennenlernte, war er für die Feierlichkeiten in Dornburg zuständig und hatte gegen den angesetzten Termin nichts einzuwenden.2 Der Superintendent reichte mit seinem Schreiben etliche, leider nicht erhaltene, Texte ein, wollte "das sonderliche Einweihungsgebet fertigen und zu gnädigster Einsicht gehorsamst überreichen. … Was die Musik anbelangt," so hielt Kluge "unvorgreifflich dafür, daß das Kyrie teutsch7 und eine auf den beliebten Text gerichtete Kantate aufgeführt werde."2

Dem Kirchenmann blieben nur wenige Wochen zur Vorbereitung, die sich als aufwändig erweist. "Weil bey solchen Einweihungen nicht nur das Heilige Abendmahl ausgesegnet, sondern auch Verlobte getraut und ein Kind, wenns immer möglich, getauffet zu werden gepflegt, will an Herrn Pastor Körner schreiben dafür Sorge zu tragen, daß, wo nicht in der Gemeinde selber, dennoch aus Großlübs, oder auch aus Gödnitz, ein Paar verlobte und ein Täuffling vorhanden sey."
2 Der genannte Pfarrer Andreas Friedrich Körner kam von Coswig und hatte gerade erst sein Amt angetreten, nachdem sein Vorgänger Anton August Exter aus unbekannten Gründen nach Großmühlingen versetzt worden war.8 Letztlich finden die Geistlichen "in Gödnitz eine Kindbetterin … welche bey dieser Einweihung ihren Kirchgang halten und sich einsegnen lassen will"2 Bis zum 1. September konnte aber in Dornburg und Umgebung noch kein Täufling aufgetrieben werden. Die Planung hätte wohl eher beginnen sollen.

Herr Ittig ordnete zum Fest an, "daß Kanzel und Altar wie auch der Fürstenstuhl bekleidet und geschmückt, die Kirche auch reinlich gefeget werde."
2 Der Superintendent sorgte sich um die guten Klänge und gab zu benken, "daß die Herren Kappelisten ihre beyden Musiken Sonnabends in der Kirche probieren und dabey nicht allein die Orgel untersuchen, sondern auch Ihre Instrumente darnach richten könnten."2 Dieser gute Plan konnte ebenfalls nicht umgesetzt werden, er "gehet wegen Mangel des Logiers nicht an."2 Es standen zwar etwa viertausend Quadratmeter ungenutzter Wohnraum im Schloss bereit, aber darüber wollte nicht einmal die Landesregierung verfügen. Dieses Problem ist in den letzten zweihundertfünfzig Jahren nicht kleiner geworden.

Eventuell kamen mit der von Johann Friedrich Fasch (1688-1758) geleiteten Zerbster Hofkapelle auch dessen Filius, Carl Friedrich Christian (1736-1800), und sein Berliner Kollege, Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788), nach Dornburg. Beide weilten im Sommer 1758 in Zerbst. Nach einem Bericht von Johann Daniel Kluge war der berühmte Sohn des Johann Sebastian Bach (1685-1750) am 27. September in Zerbst, da er bei einem Probespiel für Organisten die Endrunde erreicht hatte.
9

Die Kammerrechnungen 1758/59 verzeichnen unter "Ausgaben für Verehrungen" dass dem Küster der Bartholomäie-Kirche zu Zerbst, Johann Jacob Ulischen, für "poetischen Texte zur Musique … bey Einweyhung der Dornburgl. Kirche" 4 Reichsthaler ausgezahlt wurden.
10 Nun fanden sich dessen Worte im Archiv der Superintendentur:

"Als
Am fünfzehnten Sonntage nach dem Feste
Der heiligen Dreieinigkeit
1758.
Die an der Hochfürstlichen Witthumsresidenz Dornburg
Neuerbaute Kirche
Dem Herrn feierlichst geweihet wurde
führte
Bey dieser höchsterfreulichen Handlung
Nachstehendes Musicalisch auf
Die Hochfürstl. Anhalt Zerbstische Hofkappelle

[Dictum – Chor]
1. Petr: am 2.vers, 5.
Und auch ihr, als die lebendigen
Steine, bauet euch zum geistlichen
Hause und zum heiligen Priester=
thume, zu opfern geistliche Opfer,
Die Gott angenehm sind, durch
Jesum Christentum.

[Rezitativ]
Dem Herrn, der auf den Sternen throhnet
Und in dem Heiligthume wohnet
Und auch der Wohnung werthe Stat
In den zerknirschten Herzen hat,
Wird dieser Sitz der Heiligkeit
Aus freudenvoller Pflicht geweiht.
Die Andacht bauet den Altar
Hier von belebten Steinen
Man siehet die berufne Schaar
Mit Räucherwerck in der Hand erscheinen.
In dem, durch dessen Tod wir leben,
Und der am Kreuzesstamme
Sich selbst zum Opfer hingegeben,
Wird unsers Opfers heil’ge Flamme
Dem Herrn ein angenehmer Schein
Und ein Geruch zum Wohlgefallen sein.

[Arie]
Zions Bürger kommt zusammen,
Laßt der Andacht Glut entflammen.
Brich, o Jubel schallend aus.
Tritt hervor, geschmückte Freude,
Und erfülle dieß Gebäude.
Denn es ist des Höchsten Hauß.

[Rezitativ]
Rief Jacob auf dem harten Bette
Mit freudigem Verwundern aus
Wie heilig ist nicht diese Stätte!
Gewißlich, hier ist Gottes Hauß!
So nehmen wir an diesem Orte
Desgleichen Worte
In den erfreuten Mund
O daß auch alle heilig wären
Die hier, o Höchster, deine Lehren
Der Seligkeit geprüften Grund
Von deinen Dienern hören.
Bereite du
Die Herzen selbst darzu.
Laß das Gebet gerechter Flammen
Die hier mit Inbrunst niederknien,
Wenn sie sich um ihr Heil bemühn,
Erhörlich vor dich kommen.
Sey den getreuen Wünschen hold,
die für der Herrschafft Wohlergehen
Aus Ehrfurcht, Lieb und Pflicht entstehen.
Dein Wort ist köstlicher, denn Gold
Gieb, daß es hier und auf der ganzen Erde
Stets rein gelehrt,
Zur Seligkeit gehört
Und bis ans End erhalten werde

[Choral]
[1.] Ach bleib bey uns, Herr Jesu Christ, weil es
nun Abend worden ist, dein Wort o Herr,
das helle Licht, laß es bey uns auslöschen
nicht; [2.]
11 In dieser letzten betrübten Zeit
verleih uns Herr, Beständigkeit, daß
wir die Wort und Sakrament rein behalten
bis an unser End."
2

Anmerkungen und Quellen
  1. Ich danke Frau Professor Barbara M. Reul (University of Regina, Canada) von der Internationalen Fasch-Gesellschaft e. V. für ihre große Unterstützung.
  2. "Acten die Parochie Dornburg betreffend 1675-1772. Ergangen bei der Fürstl. Superintendentur in Zerbst" im Archiv der ehemaligen fürstlichen Superintendentur in St. Bartholomäi Zerbst, Abt. IV, 3 Nr. 6 (ohne Paginierung)
  3. Wilhelm Schubert, Prediger zu Sct. Nicolai Zerbst: "Dr. Johann Daniel Kluge, Superintendent des Fürstenthums Anhalt-Zerbst. Ein Lebensbild aus der Kirche des achtzehnten Jahrhunderts", Druck und Verlag der Kummer’schen Buchhandlung, Zerbst, 1848, die Dornburger Predigt auf S. 21ff
  4. Vgl. Stefan Schüler: Zur Vorgeschichte und zum Bau der Dornburger Kirche. In: Festschrift zum 250. Kirchweihjubiläum in Dornburg, Herausgegeben von der evangelischen Kirchgemeinde Dornburg, 2008
  5. Vgl. Friedrich Wilhelm Sintenis: "Die Chronik von Zerbst 1758-1830", Verlagsbuchhandlung Friedrich Gast Zerbst, Anhaltische Verlagsgesellschaft mbH, Dessau, 1995 , S. 48.
  6. Reinhold Specht: "Geschichte der Stadt Zerbst in 2 Bänden, herausgegeben von der Stadt Zerbst anläßlich der 1050 Jahrfeier", Anhaltische Verlagsgesellschaft mbH Dessau, Verlagsbuchhandlung Friedrich Gast Zerbst, Band 2, 1998, S. 82
  7. Es könnte sich um ein Kyrie aus den fünf deutschen Messen handeln, die Fasch 1758 in einem aktualisierten Verzeichnis der Concert-Stube aufgeführt hat. (B. Reul)
  8. Matrikel der Kirche und Pfarre zu Dornburg
  9. Barbara M. Reul: "Das vakante Organistenamt an der St. Bartholomäi-Kirche zu Zerbst und die 'liederliche Lebensart' von Johann Heinrich Heil (1706-1764)". In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde, Bd. 19 (2010), S. 129-144.
  10. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau, Kammerrechnungen Zerbst 1758/59, Seite 253
  11. [1.] Strophe: Choraltext von Philip Melanchthon, 1551 bzw. [2.] Strophe: Nikolaus Seneker, 1572 (B. Reul)

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