Der Pastor
der Kirchgemeinde St. Bartholomäie in Zerbst war meist auch
Superintendent des
Landes Anhalt-Zerbst. Große Teile des alten Archivs blieben
hier erhalten, u.
a. fanden sich "Acten die
Parochie Dornburg betreffend 1675-1772",2
welche die Vorgänge bei der Einweihung der Dornburger Kirche
beleuchten.
Johann
Daniel Kluge (1701-1768) wurde 1745 Superintendent in Zerbst, nachdem
er in
Dornburg vor der versammelten Herrschaft eine Probepredigt gehalten
hatte.3
Am 16. August 1758 unterbreitete Kluge folgenden Vorschlag zur
Einweihung der
neuerbauten Dornburger Kirche: "Mögte
nicht diese feierliche Handlung am
fünfzehnten Sonntage nach dem Feste der Dreieinigkeit, dem 3
Herbstmon.
geschehen, damit alles Nötige vorher veranstaltet werden
könne? Andere
Amtsgeschäfte nöthingen mich auch diesen Sonntag
unmaßgeblich vorzuschlagen."2
Vergleicht man die Baurechnungen, so muss die Kirche, bis auf kleinere
Restarbeiten, schon Monate vorher vollendet gewesen sein.4
Die eigentliche
Bauherrin, Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst, war aber wegen einer
Spionageaffäre um den Marquis de Fraigne gemeinsam mit ihrem
Sohn, Friedrich
August, im März geflohen. Vielleicht wollte man
ursprünglich ihre Rückkehr abwarten.
Sicherlich stand den Menschen im kleinen Fürstentum der Sinn
nicht nach großen
Feiern. Während der Preußenkönig, Friedrich
II., das Land mit
Durchmärschen seiner Armee, Kontributionsforderungen und
Rekrutierungen
schikanierte, wurde es durch ein
sechsköpfiges Administrationskollegium regiert.5
"Einer der wenigen
tüchtigen und aufrechten
Verwaltungsbeamten, der Justizamtmann Ittig, der den Versuch wagte, zum
Fürsten
zu reisen und ihn über die Missstände in der
Verwaltung aufzuklären, büßte
seinen Wagemut, seinen Freimut und sein patriotisches Unternehmen mit
anschließender
Gefängnisstrafe."6
Bevor Herr Ittig die Unzulänglichkeiten seines Landesherrn am
eigenen Leib kennenlernte, war er für die
Feierlichkeiten in Dornburg zuständig und hatte gegen den
angesetzten Termin
nichts einzuwenden.2 Der
Superintendent reichte mit seinem Schreiben etliche, leider nicht
erhaltene,
Texte ein, wollte "das
sonderliche Einweihungsgebet
fertigen und zu gnädigster Einsicht gehorsamst
überreichen. … Was die Musik
anbelangt," so
hielt Kluge "unvorgreifflich
dafür, daß das Kyrie teutsch7
und eine auf den beliebten Text gerichtete Kantate aufgeführt
werde."2
Dem Kirchenmann blieben nur wenige Wochen zur Vorbereitung, die sich
als
aufwändig erweist. "Weil
bey solchen Einweihungen
nicht nur das Heilige
Abendmahl ausgesegnet, sondern auch Verlobte getraut und ein Kind,
wenns immer
möglich, getauffet zu werden gepflegt, will an Herrn Pastor
Körner schreiben
dafür Sorge zu tragen, daß, wo nicht in der Gemeinde
selber, dennoch aus
Großlübs, oder auch aus Gödnitz, ein Paar
verlobte und ein Täuffling vorhanden
sey."2
Der genannte Pfarrer Andreas
Friedrich Körner kam von Coswig
und hatte gerade erst sein Amt angetreten, nachdem sein
Vorgänger Anton August
Exter aus unbekannten Gründen nach
Großmühlingen versetzt worden war.8
Letztlich finden die Geistlichen "in
Gödnitz eine
Kindbetterin … welche bey
dieser Einweihung ihren Kirchgang halten und sich einsegnen lassen
will"2
Bis zum 1. September konnte aber in Dornburg und Umgebung noch kein
Täufling
aufgetrieben werden. Die Planung hätte wohl eher beginnen
sollen.
Herr Ittig
ordnete zum Fest an, "daß
Kanzel und Altar wie auch
der Fürstenstuhl bekleidet
und geschmückt, die Kirche auch reinlich gefeget
werde."2
Der
Superintendent sorgte sich um die guten Klänge und gab zu
benken, "daß
die Herren Kappelisten ihre
beyden Musiken
Sonnabends in der Kirche probieren und dabey nicht allein die Orgel
untersuchen, sondern auch Ihre Instrumente darnach richten
könnten."2
Dieser gute Plan konnte ebenfalls nicht umgesetzt werden, er "gehet
wegen
Mangel des
Logiers nicht an."2
Es standen zwar etwa
viertausend Quadratmeter ungenutzter Wohnraum im Schloss bereit, aber
darüber
wollte nicht einmal die Landesregierung verfügen. Dieses
Problem
ist in den
letzten zweihundertfünfzig Jahren nicht kleiner geworden.
Eventuell
kamen mit der von Johann Friedrich Fasch (1688-1758) geleiteten
Zerbster
Hofkapelle auch dessen Filius, Carl Friedrich Christian (1736-1800),
und
sein Berliner Kollege,
Carl Philipp
Emanuel Bach (1714-1788), nach Dornburg. Beide weilten im Sommer 1758
in
Zerbst.
Nach einem Bericht von Johann Daniel Kluge war der berühmte
Sohn des Johann
Sebastian Bach (1685-1750) am 27. September in Zerbst, da er bei einem
Probespiel für Organisten die Endrunde erreicht hatte.9
Die
Kammerrechnungen 1758/59 verzeichnen unter "Ausgaben
für Verehrungen"
dass dem
Küster der Bartholomäie-Kirche zu Zerbst, Johann
Jacob
Ulischen, für "poetischen
Texte zur Musique
… bey Einweyhung der Dornburgl. Kirche"
4
Reichsthaler ausgezahlt wurden.10
Nun fanden sich dessen Worte im Archiv der Superintendentur:
"Als
Am fünfzehnten Sonntage nach dem Feste
Der heiligen Dreieinigkeit
1758.
Die an der Hochfürstlichen Witthumsresidenz Dornburg
Neuerbaute Kirche
Dem Herrn feierlichst geweihet wurde
führte
Bey dieser höchsterfreulichen Handlung
Nachstehendes Musicalisch auf
Die Hochfürstl. Anhalt Zerbstische Hofkappelle
[Dictum – Chor]
1. Petr: am 2.vers, 5.
Und auch ihr, als die lebendigen
Steine, bauet euch zum geistlichen
Hause und zum heiligen Priester=
thume, zu opfern geistliche Opfer,
Die Gott angenehm sind, durch
Jesum Christentum.
[Rezitativ]
Dem Herrn, der auf den Sternen throhnet
Und in dem Heiligthume wohnet
Und auch der Wohnung werthe Stat
In den zerknirschten Herzen hat,
Wird dieser Sitz der Heiligkeit
Aus freudenvoller Pflicht geweiht.
Die Andacht bauet den Altar
Hier von belebten Steinen
Man siehet die berufne Schaar
Mit Räucherwerck in der Hand erscheinen.
In dem, durch dessen Tod wir leben,
Und der am Kreuzesstamme
Sich selbst zum Opfer hingegeben,
Wird unsers Opfers heil’ge Flamme
Dem Herrn ein angenehmer Schein
Und ein Geruch zum Wohlgefallen sein.
[Arie]
Zions Bürger kommt zusammen,
Laßt der Andacht Glut entflammen.
Brich, o Jubel schallend aus.
Tritt hervor, geschmückte Freude,
Und erfülle dieß Gebäude.
Denn es ist des Höchsten Hauß.
[Rezitativ]
Rief Jacob auf dem harten Bette
Mit freudigem Verwundern aus
Wie heilig ist nicht diese Stätte!
Gewißlich, hier ist Gottes Hauß!
So nehmen wir an diesem Orte
Desgleichen Worte
In den erfreuten Mund
O daß auch alle heilig wären
Die hier, o Höchster, deine Lehren
Der Seligkeit geprüften Grund
Von deinen Dienern hören.
Bereite du
Die Herzen selbst darzu.
Laß das Gebet gerechter Flammen
Die hier mit Inbrunst niederknien,
Wenn sie sich um ihr Heil bemühn,
Erhörlich vor dich kommen.
Sey den getreuen Wünschen hold,
die für der Herrschafft Wohlergehen
Aus Ehrfurcht, Lieb und Pflicht entstehen.
Dein Wort ist köstlicher, denn Gold
Gieb, daß es hier und auf der ganzen Erde
Stets rein gelehrt,
Zur Seligkeit gehört
Und bis ans End erhalten werde
[Choral]
[1.] Ach bleib bey uns, Herr Jesu Christ, weil es
nun Abend worden ist, dein Wort o Herr,
das helle Licht, laß es bey uns auslöschen
nicht; [2.]11 In dieser
letzten betrübten Zeit
verleih uns Herr, Beständigkeit, daß
wir die Wort und Sakrament rein behalten
bis an unser End."2