Beckmann liefert uns auch die
erste Ansicht Dornburgs
(Abbildung 1). Für die Zeichnung war Johann Tobias Schuchardt
1709/1710
bezahlt worden.6
Mit Hilfe einer Karte des Freiberger Markscheiders August Beyer aus dem Jahr 1700 und eines etwas jüngeren
Lageplans
des Landesbaumeisters Johann Christoph Schütze7 können
wir einigen
Gebäuden ihre Position zuordnen. Der Zeichner schaut vom
"Sprenkelbusch" (Ostende des Neuen Gartens) auf Dornburg. Allerdings
hat er die Bauernkaten auf der linken Seite zusammen mit dem ersten
größeren Haus (mit Schornstein, eventuell ein Brauhaus) in
den Hintergrund gesetzt, um einen unverstellten Blick auf die
herschaftlichen Bauten abliefern zu können. Das Gebäude links
vom Turm mit den hohen Fenstern steht eigentlich in Ost-West-Richtung
und wird von Schütze als "der alte und
Kirchflügel"7
bezeichnet. Wahrscheinlich blieben von ihm die beiden
Kellergewölbe erhalten, die heute über einen Gang aus dem
Südgarten sowie eine Treppe im Gemeindehaus zu erreichen sind und
später als Eiskeller benutzt wurden.
Nach
den Dornburger Kirchenrechnungen erhielten im Jahre 1700 Maurer,
Zimmerleute
und Glaser insgesamt 16 Taler für Umbauarbeiten.8
In den
Folgejahren
wurden Fußboden und Fenster ausgebessert und neue
Kirchenstühle
aufgestellt.9 Der Dornburger Pfarrer Körner bezahlt am 16. August 1709 achtzehn
Taler für eine Glocke,
"welche aber auf acht Tage nach Michael. wiederum zersprungen"10
Deshalb wurde im Folgejahr in Magdeburg ein Neuguss unter Verwendung
des alten Materials angefertigt, der
noch heute
erklingt.10
In den Jahren nach 1728
wurde durch Johann Christoph
Schütze die alte Kirche abgerissen. Ein Neubau
entstand
gegenüber an der Nordseite des jetzigen Schlosshofs. Noch 1731
mussten
vorerst Bretter statt eines Daches über das neue Gotteshaus
gelegt werden.11
Zwei Jahre danach berichtet J. G. Kemmeder,12
dass
Hofmaurermeister
Erler mit 4 Gesellen bei Gipsarbeiten an der Kirchendecke
beschäftigt
ist. Ab 1734 werden hier Kanzel, Altar und Orgelgehäuse vom
Hoftischlermeister
Christian Öhlschläger nach Entwürfen des
Baumeisters Schütze
angefertigt.13
Im Mai 1736 beginnt der damals renommierte Orgelbauer
Caspar
Sperling seine Arbeit.14
Schon im folgenden Jahr wurde die Kirche am
14.
Oktober eingeweiht.15
Das bis heute erhaltene Geläut, 1722
um die
größere Glocke erweitert, muss auf einen
pavillonartigen Anbau
am Kirchflügel umgezogen sein. Für den
gegenüberliegenden,
wohl dazu symmetrischen, Bau wurden bei der Firma Weinholdt in Dresden
2
Glocken bestellt16 und im
Rechnungsjahr 1738/39 geliefert.17
Diese
wurden wohl am 28. Juli 1750 vernichtet, als der Schlossbrand hier
seinen
Anfang nahm.18
Die Baugeschichte der heutigen Kirche
Friedrich Joachim
Stengel (1694-1787)
Der in Zerbst geborene Architekt war seit 1733 in den Diensten der
Fürsten
von Nassau-Usingen. Nach einer Landesteilung wurde er vor allem mit
Bauaufgaben
in Saarbrücken betraut. Obwohl er dort nicht unter
Arbeitsmangel litt,
übernahm er gern den Dornburger Schlossneubau in der Heimat.
1751 weilte
er zum ersten Mal hier, um das Graben der Fundamente für den
Schlossneubau
persönlich zu überwachen.19
Schon jetzt war
absehbar, dass der
vom Brand verschonte Kirchflügel die Ansicht des neuen
Schlosses verderben
würde, da er dessen nördliche Hälfte
teilweise verdeckte und
die Symmetrie zerstörte. Sein Abriss dürfte
beschlossen gewesen
sein. In den Aufrisszeichnungen des Schlossbaus, die Professor G. K.
Smirnov
in der Eremitage von St. Petersburg entdeckte, hat die Bauherrin,
Johanna
Elisabeth von Anhalt-Zerbst, eigenhändig die geplante
Verwendung der
Räume vermerkt, ein solcher mit sakraler Bestimmung ist nicht
zu finden.
Es war also von Anfang an daran gedacht, ein neues
Kirchengebäude zu
errichten. Warum hätte man Stengel nicht in dessen Planung
einbeziehen
sollen, obwohl er mit dem Gesamtprojekt und den Örtlichkeiten
vertraut
war? Ein sofortiger Baubeginn war wohl nur deshalb ausgeschlossen, da
man
momentan alle Ressourcen für das Schloss benötigte.
Stengel erschien
im Folgejahr nochmals in Dornburg. Seine für 1753 geplante
Reise nach
Anhalt-Zerbst sagte er aus gesundheitlichen Gründen ab. Es ist
nicht
auszuschließen, dass sich Bauherrin und Baumeister erst
jetzt, oder
gar noch später, konkreten Kirchenplanungen widmen wollten,
zumal der
alte Bau noch genutzt werden konnte.
Carl Wilhelm Christ
Nach seinem ersten Besuch in Dornburg betonte Stengel, dass der zur
"Steinhauer
Arbeit an der freyhangenden Treppe mit anhero gebrachte und auf
Hochfürstl.
gnädigsten Befehl zurückgebliebene Steinhauer und
Maurer Carl Wilhelm
Christ ... vermöge meiner ihme bekannten Bau-Art alles
tüchtig
und gut verfertiget werde und er mir von allen Vorfallenheiten
wenigstens
alle 14. Tage, den richtigen Rapport schriftl. abstatte".20
Schon im
Jahr
darauf setzte sich der Architekt dafür ein, seinen Favoriten
zum Hofmaurermeister
zu ernennen, obwohl dieser zuerst seine Meisteraufdingung nachholen
musste.21
Leider wissen wir über Carl Wilhelm Christ nur wenig. Im
Kirchenbuch
von St. Bartholomäi in Zerbst lesen wir, dass er dort am
8.5.1752 geheiratet
hat und sein Vater Kastellan in Ansbach war.
Von 1752 bis 1754 leitet Stengel das Baugeschehen am Schloss nur noch
von
Saarbrücken aus, oft indem er Schreiben seines vertrauten
Maurermeisters
beantwortet. Am 30. November 1754 fragt Christ bei der Kammer in Zerbst
nach,
"ob die Kirche soll abgebrochen werden, und wan solte angefangen
werden,
und wohin man die Stühle Kanzel und was sonst in der Kirche in
Verwahrung
bringen soll".22
Mit dem Abriss des Gotteshauses wurde bald
begonnen,
da die Tischler Gauß und Wicke noch im Rechnungsjahr 1754/55
dafür
bezahlt werden, "den Ornat, Canzel, Altar, Stühle,
Bäncke, Fußboden
und alle Tischler=Arbeit abzubrechen, auch die Fenster auszunehmen und
zum
Gebrauch in unser neuen Kirche, in Verwahrung zu bringen".23
Diese
Maßnahme
muss nicht auf Sparzwängen beruhen, sondern könnte
auch geschehen
sein, weil gutes Material schwer zu beschaffen war, zumal der
Schlossbau
dieselben Ressourcen beanspruchte. Außerdem waren die
genannten Ausstattungsstücke
ja gerade erst 20 Jahre alt.