Abb. 14: Die
Umschrift des Grabsteines oben und rechts lautet: "Der Bestrenge Edele
Undt Ehrnveste Wollff Ernst V Latdorff Ist Selig VorSchi[eden ANNO
1586]". Die eingeklammerten Zeichen sind nicht sichtbar bzw.
zerstört und wurden nach dem Sinn ergänzt von S.
Schüler.77
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Trotz der
Verwandtschaft der Ehefrau mit dem Obristen Hilmar von
Münchhausen (1512-1573), der Herr im nahen Leitzau war, ist
eine langer Rechtsstreit zwischen den Nachbarn dokumentiert, der erst
am 19. Juni 1566 beigelegt wurde.78 Nach
dem Ableben des Wolff
Ernst „haben dessen Vettern Siegmund, Ernst und
Matthieß von Latorf ... Dornburg mit Bewilligung der
Hinterlassenen Witwen Engel von Münchhausen / als welcher es
von Ihren Ehe-Herrn zum Leib-Gedinge verschrieben worden ... an Hrn.
Statius von Münchhausen verkaufet / welchen Kauf
Fürst Johann George der I. A. 1591. den
Oster-Dienstag confirmiret [bestätigt hat]79. Und hat darauf
ietz gedachter Statius das Hauß weiter ausgebauet
...“80. Dieser Statius III. (auch Statz, Stacius, Justatius,
1555-1633)81 war ein Sohn des bereits genannten Hilmar von
Münchhausen und hatte 1578 Anna von Lattorf (1558-1600), die
Tochter von Wolff Ernst geheiratet.82 Der erste Sohn aus ihrer Ehe,
Hilmar Ernst von Münchhausen (1592-1671) bekam die
Güter Bodenwerder, Bolzum und Dornburg mit Groß
Lübs.83 Seine Ehefrau Magdalena (geb. 1591, verh. 1613)
verstirbt 1636 in Zerbst, nachdem zuerst ihr
„Adeliches Hauß Dornburg / unnd denn die beyden
Adelichen Häußer Dornburg unnd grossen
Lübs“ im Dreißigjährigen Krieg
„geplündert / im grund spolieret [ausgeraubt]/
verheeret“ wurden.84 Bereits im Jahre 1626 berichtete ein
Einwohner aus Dornburg an die Grafen zu Barby: „mein dorf ist
vom kays. Kriegs volcke ziemlich spolieret und in brand gesteket, auch
itzo nicht sicher die geringsten pferde so sie behalten wagen durfften,
dadurch der acker wüst und öde gelaßen
wird.“85 Nach
dem Tod des Johann von Münchhausens (1631-1674), des
letzten männlichen Nachkommens, zieht das Fürstenhaus
Anhalt-Zerbst das Lehen ein,86 was einen langen Rechtsstreit nach sich
zieht.87 Da sich die Familie von Münchhausen keinem
richterlichen Urteil fügen wollte, schrieb man dem
König Friedrich II. von Preußen (1712-1786):
„Allerdurchllauchtigster König
Allergnädigster König und Herr.
Es hat einer meiner Vorfahren, namens Statz von Münchhausen,
das unter fürstlich Anhalt Zerbstischen Territorio belegene
Schloß und Lehngut Dornburg, von denen von Lattorf, in
consens des Lehnsherrn, des damals regierenden Fürsten Johann
Georg von Anhalt - Zerbst, im Jahre 1591 erkaufet und zwar dergestalt:
daß er es für sich und seine männlichen
Erben und wenn deren keine mehr wären; erst denn und ehe
nicht; für deine beiden Brüder und deren
männliche Posterität, acquirirt.
In diesem Maaße nun ist auch der Lehnbrief unterm 19.
Dezember 1591 über erwähntes Gut von dem
Fürsten Johann Georg von Anhalt-Zerbst vollzogen; welches auch
am 3. September 1608 von dem Fürsten Rudolph von Anhalt -
Zerbst wiederholet worden.
Der Statz von Münchhausen und dessen männliche
Descendenz, haben solchergestallt das Gut Dornburg ganz bis zu dem im
Jahre 1674 erfolgten Absterben des Johann von Münchhausen,
eines Enkels des Statz von Münchhausen ruhig besessen, welcher
Johann von Münchhausen ohne männliche descendenz
verstorben. Nach dessen Tode hat die fürstlich Anhaltsche
Rentkammer sich des Guts Dornburg, als eines angeblich
eröffneten und dem Lehnsherrn anheim gefallenen Lehns
bemächtigt. Die damals lebenden Agnaten, denen dieses Gut
unstreitig hätte zu Teil werden müssen, waren die
minderjährigen Söhne des nach den Lehnbriefen
für sich und seine männliche Descendenz mitbelehnten
Hilmar von Münchhausen, eines Bruders des Statz von
Münchhausen namentlich
Carl Anthon Philipp und Anthon Friedrich, Gebrüder von
Münchhausen.
Die Mutter dieser eben genannten beiden minorennen Gebrüder
von Münchhausen hat nicht nur gegen die von der
Fürstlich Anhalt-Zerbstschen Rentkammer vorgenommene,
eigenmächtige Einziehung des Gutes Dornburg protestieret,
sondern mehrere Male im Jahr 1692 bei dem Fürsten Carl Wilhelm
zu Anhalt - Zerbst, um die wirkliche Beleihung mit dem Gute Dornburg
für ihre genannten minderjährigen Söhne
gebeten. Sie ist aber unterm 11. Januar 1692 und 8. März 1693
aus der fürstlichen Regierung zu Anhalt - Zerbst aus dem
Grunde, weil angeblich: Der Lehn nicht gebührende Folge
geleistet, abschlägig beschieden worden.
Welches auch das Schicksal genannter beider Gebrüder von
Münchhausen gewesen, als sie daselbst, nach erlangter
Volljährigkeit, von ihrer Mutter, für sie vorhin
angebrachte Gesuch, wiederholet haben. Es haben sich selbige daher
genötigt gesehen, wider die Anhalt - Zerbstische Rentkammer
wegen Abtretung des Gutes Dornburg ordentliche und förmliche
Klagen zu erheben, welcher von selbigen angefangene Prozeß
nach deren Tode, auch sämtliche Nachkommendes Hilmar von
Münchhausen, reasimieret haben und fortsetzen.
Unter dem 30. April 1738 ist zwar das zu Leipzig abgesprochene erste
Urteil dahin ausgefallen: „ ... daß das (Er)suchen
unserer Familie nicht statt habe.
Unsere Familie hat sich genötigt gesehen, von diesem Urteil an
des Kaisers Majestät und den Reichshofrat; die Appelllation zu
suchen.
Die von den bewährtesten Rechtslehrer für die
Gerechtigkeit der Sache unserer Familie ausgefallenen, mit den
einleuchtendsten Gründen unterstützte Gutachten
lassen uns zwar mit Sicherheit hoffen, daß die Sache dort
entschieden werden wird und für uns vorteilhaft ausfallen
muß. Allein Ewr. Königlichen Majestät ist
der höchst langsame Gang, welchen die Rechtsangelegenheiten
beim Reichshofrat haben, selbst bekannt ist; so daß wenn wir
dort auf den Ausgang dieses für unsere Familie so sehr
wichtigen Rechtsstreites warten sollen, mehrere Generationen dessen
Ende wohl nicht erleben dürften, welches sich daraus ergibt,
daß als unsere Familie beim Reichshofrat um Beschleunigung
dieser schon seit 1752 dort zum Spruch liegende Sache sollicitiert,
diese zur Resolution erhalten : daß noch von des Kaisers
Ferdinand II. Zeiten im abgemacht wären, die eher als die
neueren bearbeitet werden müßten.
So unstreitig das Recht nun aus unserer Seite ist, so ist es uns doch
wenig Trost, daß wir die Nutzung und den Besitz eines Gutes
so lange ohne Ursache entbehren müssen; wir glauben daher,
daß wir nicht die aller geringste Unbilligkeit begehen,
vielmehr es uns und den Unsrigen schuldig sein würden, wenn
wir uns selbst wieder in den Besitz dieses Gutes setzten welches so
eigenmächtig und ohne Grund einer Familie entrissen worden, in
deren Händen es sich befand und die nach dem Urteil aller
Sachverständigen ein so unstreitiges Recht daran hat.
Wir wollen und können jedoch diesen Schritt der eigenen
Besitzergreifung vom Gute Dornburg nicht ohne Ewr. Königlichen
Majestät Allerhöchste Genehmigung tun; wir glauben
aber daß wenn wir dazu von Ewr. Königlichen
Majestät allergnädigst autorisieret würden,
der Zeitpunkt, da es dem Höchsten gefallen möchte,
den itzt regierenden Fürsten von Anhalt - Zerbst, welcher
aniezt (jetzt) tötlich krank sein soll, aus dieser Welt
abzufordern der allerschicklichste dazu sein würde. Ewr.
Königlichen Majestät bitte ich daher namens unserer
ganzen Familie alleruntertänigst
I. uns allergnädigst zu erlauben
von dem uns gehörigen Gute Dornburg, dessen Besitz uns ganz
eigenmächtig entzogen, selbst wiederum Besitz zu nehmen.
II. das Leib-Kürassier-Regiment,
wovon der Stab zu Schoenebeck als der nächsten Garnison liegt,
zu beordern, daß es uns wenn ich darum bei selbigem ansuche,
bei der Besitzergreifung mit der nötigen Mannschaft assistiere.
Die Sache ist für uns zu wichtig und Ewr. Königlichen
Majestät sind zu sehr Vater Ihrer getreuen Untertanen und
Vasallen, als daß ich nicht die allergnädigste
Bewilligung dieses alleruntertänigsten Gesuchs hoffen sollte;
Der ich in tiefstem Respekt ersterbe
Ew. Königlichen Majestät
Altaus Leitzkau, den 16. September 1788
Alleruntertänigster George von
Münchhausen“88
Aus der Antwort des Departements der Auswärtigen
Angelegenheiten wird ersichtlich, dass die Zeiten in denen einzig das
Recht des Stärkeren galt nun doch vorbei waren:
„Resolution für den Baron von Münchhausen
zu Althaus – Leitzkau wegen des Lehngutes Dornburg.
Der von Münchhausen auf Althaus – Leitzkau beachte
die Unschicklichkeit und das widerrechtliche seines Gesuchs vom 16. d.
M., ihn zur eigenmächtigen und gewaltsamen Besitznehmung des
Anhalt – Zerbstschen, eingezogenen Lehngutes Dornburg zu
autorisieren und darin durch ein Militär – Commando
zu unterstützen, von selbsten einsehen sollen. Das Gut lieget
im Gebiete des Fürsten zu Anhalt – Zerbst. (Es) ging
ehehin von demselben zu Lehen, ist (aber) als eröffnet schon
im vorigen Jahrhundert eingezogen worden. Über die
Rechtmäßigkeit der Einziehung und die
Ansprüche der von Münchhausenschen Familie schwebet
bei dem Reichshofrate ein Prozeß und der Zerbster Lehen
(?) hat bereits ein Bekenntnis für sich, auf eine
eigenrichterliche Besitznehmung, wenn der Besitz nicht erlediget ist
und auch eine dergleichen, zumal mit einer Verletzung eines anderen
Gebietes verknüpfte Selbsthülfe ist außer
anderen Strafen in den Reichsgesetzen der Verlust eines wirklich
gegründeten Rechts und Anspruchs gesetzet. Es wird also dem
von Münchhausen dieser unbedachtsame Antrag ernstlich
verwiesen und er muß den Rechtsspruch an besagtem
Reichsgerichte weiterhin fortsetzen und durch einen Agenten betreiben
lassen.
Potsdam, den 28. Sept. 1788“89
Quellen und Anmerkungen
- Anm. 2, S. 345.
- Johann Georg Meusel: Historische Litteratur für das Jahr
1783, Verlag der Palmischen Buchhandlung, Erlangen, 1783, Bd. 1, S. 119
f.
- Anm. 2, S. 345.
- Ich Danke Oranna Dimmig für die Hilfe bei der Transkripiton.
- Anm. 2, S. 345.
- Fürst Johann George von Anhalt belehnt Statius III. von
Münchhausen mit Dornburg am 9. Dezember 1591, siehe Lehnbrief in:
Georgii Ludovici Boehmerid de investiture simultaneae eventualis non
disiderata renovatione eiusque impuni omissione, Vandenhoeck,
Göttingen, 1741, Anhang 8. S. 142f. Hier auch die Erneuerung des
Lehnbriefes durch Fürst Rudolf von Anhalt vom 3. September 1608,
Anhang 9, S. 144f.
- Anm. 2, S. 345
- Samuel Treue: Gründliche Geschlechts-Historie des
hochadlichen Hauses der Herren von Münchhausen ...,
Göttingen, 1740, S. 118ff.
- Anm. 81.
- Hilmar Ernst heiratet 1613 Magdalena von Wrisberg,
Tochter des Christoph von Wrisberg und der Gertrud von
Münchhausen (1565-1621). Anm. 81, S. 127.
- Leichenpredigten auf Madalena von
Münchhausen,
Magdeburg, 1637 und auf Johann von Münchhausen, Eisleben,
1674.
Ich danke Prof. Bernd Krämer für diesen Hinweis.
- LASA, A 31 a Nr. 518, Aktenstücke und Nachrichten von der
Kriegs- und Mannszucht bei den Armeen (1623-1643), fol. 3
Rückseite. Von Februar bis März war es wegen der Dessauer
Elbbrücke zu Kämpfen im Raum Zerbst zwischen Wallensteins
kaiserlich-katholischem Herr und den lutherischen Armeen des
Dänenkönigs Christian IV. unter General Fuchs und Ernst v.
Mansfeld gekommen. Wallenstein blieb mit seiner Streitmacht bis August.
Als die Kaiserlichen 1631 Magdeburg belagerten wurde das gesamte Umland
in Mitleidenschaft gezogen. Danach plünderten die Schweden das
Land aus.
- Anm. 2, S. 345.
- Kurzgefaßte Geschichts-Erzählung mit beygefügten
Urkunden in Sachen derer Gevettere von Münchhausen zu Rinteln,
auch Schwöber und Boldagsen, ingleichen auf Althaus und Leitzkau
und zu Steinburg, Kläger, und Appelanten, eines wider die
Fürstliche Anhalt-Zerbstische Rent-Cammer, Beklagte, nun Appelaten
andern Theils das Schloß uns Amt Dornburg betreffend im Namen und
auf Befehl besagter Wohllöblicher Rent-Cammer ans Licht gestellet.
1771.
- Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA, Rep.
11, Nr. 1-18 Anhalt, Konv. 38 B (Transkription: Dr. Johannes Kornow,
2002). Hier auch der Rat des Departements der Auswärtigen
Angelegenheiten an den König:
„S'n. königl. Majestät
Das Gesuch des von Münchhausen, welches Eure königl.
Majestät uns unterm 21ten des Monats zu unserer Beurteilung
zuzufertigen allergnädigst geruhet haben, bestehet darin,
daß Eure Königl. Majestät genehmigen möchten,
daß er das Gut Dornburg im Anhalt – Zerbster Gebiete
eigenmächtig und unter militärischer Unterstützung in
Besitz nehmen und dem Fürsten, der sich im Besitze befindet,
gewaltsam davon entsetzten dürfe.
Das Gut lieget im Anhalt – Zerbster Gebiet unter der Anhaltischen
Hoheit ehehin von einer Linie des Geschlechts v. Münchhausen von
Anhalt – Zerbst zu Lehen getragen, nach deren Ausgang vermutlich
wegen ermangelnder oder nicht erneuerter Mitlehnschaft anderer Linien
als eröffnet betrachtet eingezogen und in ein fürstliches Amt
verwandelt worden. Das fürstliche Haus befindet sich bereits seit
1674 im Besitz und es macht ein beträchtliches Amt aus. Über
die Rechtmäßigkeit der Einziehung des Lehens und der
Ausschließung der Agnaten von der Lehenfolge schwebet bei dem
Reichshofrat ein Prozeß, den die von Münchhausen. in erster
Instanz verloren haben. Eine eigenmächtige Entsetzung des
Fürsten mit gewaffneter Hand, eine eigenrichterliche
Besitzergreifung und Selbsthülfe, eine solche Verletzung des
Anhaltischen Gebietes, ein solches Vorgehen gegen den Lehnsherren
würden nicht nur die unermäßlichen Folgen haben,
sondern auch nach den Reichs- und Lehnrechten den von Münchhausen
aller Ansprüche, wenn sie auch gegründet wären,
verlustig machen. Wir haben Euer Königl. Majestär
allerhöchste Willensmeinung zu treffen und zu erfüllen
geglaubt, wenn wir eine motivierte Resolution für den Supplikanten
ausfertigen lassen und solche Euer Königl. Majestät zur
allerhöchsten Genehmigung und Unterschrift ehrerbietigst vorlegen.
Berlin, den 26. Sept. 1788“
- Anm. 88.