Schloss Dornburg an der Elbe
Beschriftung
der Pläne von Schloss
Dornburg,
die von Prof. Smirnov in der Eremitage in St.
Petersburg entdeckt wurden.
Reinschrift der
französischen Bezeichnungen und Übersetzung von
Oranna Dimmig und Stefan Schüler
mit Beobachtungen zu den beteiligten Handschriften und dem verwendeten
Fußmaß
Es wurden vier verschiedene Handschriften festgestellt, denen wir die
Buchstaben A, B, C, und D zugewiesen haben. Bei den vier Grundrissen
ist
die Handschrift der Überschrift identisch mit der Handschrift
des Maßstabes
(vergleiche die Buchstaben "P" bei "Plan" und "Pieds"), was darauf
schließen
lässt, dass Schreiber B auch der Zeichner der Grundrisse ist.
Dies
führt im Analogieschluss dazu, in Handschrift A, die nur auf
dem Blatt
mit dem Fassadenaufriss erscheint, ebenfalls einen Zeichner zu erkennen.
Durch Schriftvergleiche mit verschiedenen Planmaterialien des
Saarbrücker Schlosses konnten wir die Handschrift A dem
Architekten Friedrich Joachim Stengel zuordnen. In einem Schreiben von
Carl Wilhelm Christ, der von Stengel mit der Bauausführung
betraut worden war, sehen wir einen weiteren Hinweis auf Stengels
Urheberschaft für den Aufriss. Im Punkt 3 fragt Christ
bei der Kammer Zerbst an, "wegen der Höhe der Figuren welche
auf die
Gallerie kommen, wie hoch selbige sollen gemacht werden indemme ich von
Herrn
Cammerath Stengel vernommen das die Höhe 5 Fuß
wäre und in
der Zeichnung welche von 7 Fuß gezeichnet sindt."1
Tatsächlich sind die Attika-Figuren im Aufriss 7 Fuß
hoch.
Auf den Zeichner B der Grundrisse gibt uns Stengel selbst einen
Hinweis. In seinem "Promemoria die Dornburger
Schloß=Bau=Arbeit"2
betreffend, schreibt er kurz vor seiner Abreise aus Zerbst: "...so
könte
der von mir, dem BauDirector Stengel zu der Steinhauer Arbeit an der
freyhangenden Treppe mit anhero gebrachte und auf Hochfürstl.
gnädigsten Befehl zurückgebliebene Steinhauer und
Maurer Carl Wilhelm Christ, der diese Arbeit von Jugend auf wohl
erlernet, auch in Zeichnen, Schreiben und Rechnen gute Fundamente
geleget die Schloß-Riße eines Theiles copiret, und
selbige im Kopf hat / bei allen Anlagen derer Mauern mit zugegen seyn
und solche dem MaurerMeister mit anlegen helfen".2
Von Carl Wilhelm Christ sind verschiedene Briefe an die Kammer Zerbst
im
Landesarchiv Oranienbaum erhalten.z. B. 3
Beachtet
man, dass Christ bei den Planbeschriftungen Druckschrift benutzte, so
führt
der Schriftvergleich zu dem Schluss: Handschrift B dürfte von
Christ
stammen.
Handschrift C konnte anhand von Archivalien des Bestandes Kammer Zerbst
im Landesarchiv Oranienbaum als die Handschrift von Fürstin
Johanna
Elisabeth von Anhalt Zerbst identifiziert werden.
Alle fünf Blätter weisen unten links eine jeweils
fünfstellige Ziffernfolge auf, die in der späteren
Handschrift D geschrieben ist. Da die Zahlen mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit fortlaufende Ordnungs- bzw.
Inventarnummern sind, kann bei Handschrift D auf einen Archivar
geschlossen werden.
Die Handschriften schlüsseln sich daher
folgendermaßen auf:
Handschrift A = Friedrich Joachim Stengel (Fassade)
Handschrift B = Carl Wilhelm Christ (Grundrisse)
Handschrift C = Fürstin Johanna Elisabeth (Raumbezeichnungen)
Handschrift D = Archivar (Inventarnummern)
In der Aufrisszeichnung von Stengel ist der Maßstab dezimal
geteilt und mit Fuß beschriftet. In verschiedenen Quellen zum
Dornburger Schlossbau verwendet Stengel die Begriffe Fuß und
Schu als Maßangaben gleichrangig.vgl.
4 Die Grundrisse von Christ enthalten ebenfalls
Maßstäbe in Dezimalteilung mit der Angabe Pieds
(also Fuß). Beide Längenangaben sind nach unserer
Untersuchung identisch. Leider wird nicht angegeben, welches
Fußmaß Verwendung fand. Somit können wir
nur aus anderen Quellen einen Rückschluss versuchen. Am 4.
Juni 1753 schreibt Stengel dem Maurermeister Christ zum Figurenschmuck
der Balustrade: "müssen die Steine hinzu nicht höher
als fünf Schu hoch beschrieben, werden".5
Aus der Entwurfszeichnung zu einer eierförmigen Vase, wohl von
Johann Christian Ehrlich, entnehmen wir: "Die höhe 5
Fuß Reinläntisch Maß".6
Da Stengel und Christ nicht mit zweierlei
Maß gemessen haben und Ehrlich nun explizit das ihm
ungewohnte rheinländische
Maß angibt, dürfen wir davon ausgehen, dass dem
gesamten Schlossbau
der rheinländische Fuß zugrunde liegt. In der
Ansicht der Hoffront, die von Stengel beschriftet und wohl auch
gezeichnet wurde, sind die Figuren größer
abgebildet, was in Dornburg bei der Bauausführung für
Verwirrung sorgte. So fragte Christ am 27. April 1753 bei der Kammer
Zerbst
an, "wegen der Höhe der Figuren welche auf die Gallerie
kommen, wie
hoch selbige sollen gemacht werden indemme ich von Herrn Cammerath
Stengel vernommen das die Höhe 5 Fuß wäre
und in der Zeichnung welche von 7 Fuß gezeichnet sindt.".7
Diese Bemerkung
von Christ spricht gleichzeitig für die Urheberschaft Stengels
bei der
jetzt aufgefundenen Ansicht der Hoffront. Außerdem scheint
das Fußmaß
des Balustradenschmucks wichtig genug für einen mehrfachen
Schriftwechsel.
Ein rheinländischer Fuß entspricht im 18.
Jahrhundert 31,3849
cm.8 Bei der Vermessung
der Balustradenfiguren konnten
wir die Verwendung des rheinländischen Fußes
bestätigen.
Weitere Messungen werden noch durchgeführt.
Unsere Transkription beginnt mit den Überschriften und
Inventarnummern der Blätter, dann folgen die Beschriftungen am
Außenbau und der Maßstab und schließlich
die Bezeichnungen des Innenbaus. Der Rundgang im Inneren beginnt
jeweils an der Hofseite des Mittelpavillons und erfolgt im
Uhrzeigersinn; dabei werden zusammengehörende Räume
gemeinsam
aufgeführt.
1) Ansicht der Hoffront
Oben rechts: Elevation de la Facade du Chateau de Dornebourg du
Coté de L’Entrée = Aufriss der Fassade
des Dornburger Schlosses an der Eingangsseite <Handschrift
Stengel>
Oben rechts: 27 <Handschrift Stengel?>
Unten links außerhalb der Randlinie: 5-stellige Ziffer,
unleserlich <vermutlich 23601 in Handschrift D>
Unten mittig: Maßstab in 10er-Teilung mit Halbschritten,
insgesamt 8 Zehnereinheiten <Bezeichnung des Maßes mit
Fuß; Handschrift Stengel?>
Darunter: Du coté dela Cour et du nouveau jardins = von der
Seite des Hofes und des neuen Gartens <Handschrift Johanna
Elisabeth>
2) Grundriss des Kellers
Oben mittig: Plan de l’Etage Souterrain du Chateau de
Dornburg = Kellergeschoss-Plan des Dornburger Schlosses
<Handschrift Christ>
unten links außerhalb der Randlinie: mehrstellig Ziffer
<unleserlich, vermutlich 23602 in Handschrift D>
oben mittig: coté du jardin = Gartenseite
<Handschrift Johanna Elisabeth>
unten mittig: Coté dela Cour et du nouveau Jardin = Seite
zum
Hof und zum neuen Garten <Handschrift Johanna Elisabeth>
Darunter Maßstab in 10er-Teilung, 90 Einheiten, Bezeichnung
des
Maßes: Pieds <Handschrift Christ>
Raumbezeichnungen im Inneren <alle in Handschrift Johanna
Elisabeth>:
réduit = "ein verborgener Ort, ein Schlupfwinkel; ein Ort,
wohin man sich begeben kann"9
réduit = Schlupfwinkel
Escalier = Treppe
réduit vouté pour des ...ricelles (?)
de Cave =
gewölbter Schlupfwinkel für ... (?) des Kellers
Escalier = Treppe
Caves = Keller
Caves = Keller
Caves = Keller
offices = "alle Gemaecher, wo die Bedienten zu thun haben,
Gesindestuben, der Bedienten Gemaecher, Kuechen, Kellereyen, Staelle"9
offices = Gesindegemächer
reduit apartenent aux officies = Schlupfwinkel, der zu den
Gesindegemächern gehört
Cuisines = Küche(n)
pâtisserie = Konditorei
Escalier = Treppe
3) Grundriss des Erdgeschosses
Oben mittig: Plan au Rez de Chaussée du Chateau de Dornburg
= Plan zum Erdgeschoss des Dornburger Schlosses <Handschrift
Christ>
Unten links außerhalb der Randlinie: 23600
<Handschrift D>
Oben mittig: vue du jardin = Ansicht vom Garten <Handschrift
Johanna Elisabeth>
Unten mittig: vue dela Cour et du nouveau jardin = Ansicht vom Hof
und vom neuen Garten <Handschrift Johanna Elisabeth>
Darunter: Maßstab in 10er-Teilung, 90 Einheiten, Bezeichnung
des Maßes: Pieds <Handschrift Christ>
Raumbezeichnungen im Inneren <alle in Handschrift Johanna
Elisabeth>:
Vestibull décoré en Salle = Vestibül,
als Saal ausgeschmückt
Grand Escalier = große Treppe
Garderobe
Garderobe
Escalier dérobé = Geheimtreppe
passage qui mène de l'Escalier au jardin = Durchgang, der
von
der Treppe zum Garten führt
Chambre voutée / pour garder des meubles =
gewölbtes Zimmer, um "bewegliches Gut, Hausrath, Geraethe"9
aufzubewahren
Garderobe / Cabinet / Chambre à coucher ou le lit est en
niche
/ Chambre / Antichambre le tout pour étrangers = Garderobe /
Kabinett / Schlafzimmer, in dem das Bett in einer Nische ist / Zimmer /
Vorzimmer, das Ganze für Fremde
Salle basse = Sala Terrena (Grottensaal/Gartensaal) mit Billards =
Billard
Antichambre / Chambre / Chambre à coucher ou le lit est en
niche / Cabinet / Garderobe / pour / Etrangers / com(m)e / de l'autre /
côté = Vorzimmer / Zimmer / Schlafzimmer, in dem
das Bett sich in einer Nische befindet / Kabinett / Garderobe /
für Fremde, wie auf der anderen Seite
Chambre = Zimmer/ im Rumpfflügel: Gardérobe /
Garderobe
Garderobe / Chambre = Garderobe / Zimmer
Grand Escalier = große Treppe
4) Grundriss der Beletage
Oben mittig: Plan du premier ou belle Etage du Chateau de Dornburg
= Plan der ersten Etage oder Beletage des Dornburger Schlosses
<Handschrift Christ>
Unten links: 23598 <Handschrift D>
Oben mittig: vue du jardin = Ansicht vom Garten <Handschrift
Johanna Elisabeth>
Unten mittig: vue dela Cour et du nouveau jardin = Ansicht vom Hof
und vom neuen Garten <Handschrift Johanna Elisabeth>
Darunter: Maßstab in 10er Teilung, 90 Einheiten, Bezeichnung
des Maßes: Pieds <Handschrift Christ>
Raumbezeichnungen im Inneren <alle in Handschrift Johanna
Elisabeth>:
avants Salle pour les Doméstiques = Vorsaal für die
Hausangestellten
Grand Escalier = große Treppe
Garderobe = Garderobe
Bibliothèque = Bibliothek
Escalier dérobé qui monte chéz les
Fem(m)es de
Chambre et qui descent au jardin = Geheimtreppe, die heraufsteigt zu
den
Zimmermädchen und hinunterführt zum Garten
Galerie qui sera ornée de porçelaine dela Chine =
Galerie, die mit chinesischem Porzellan geschmückt werden wird
im Rumpfflügel : Cabinet qui sera ornée de
Speckstein et
de laus[e] dela Chine = Kabinett, das mit Speckstein und mit Glimmer
aus
China ausgestattet werden wird
Cabinet qui séra ornée de porçelaine
de Dresden
= Kabinett, das mit Porzellan aus Dresden geschmückt werden
wird
Chambre à couché ou le lit ést en
niche / Chambre / Antichambre / le tout / pour la
Maîtresse /dela Maison = Schlafzimmer, in dem sich
das Bett in einer Nische befindet / Zimmer / Vorzimmer, das Ganze
für die Gebieterin des Hauses
Salle = Saal
Antichambre / Chambre / Chambre à couchér ou le
lit ést en niche / Cabinèt / le tout / pour la /
Princesse / Regnante = Vorzimmer / Zimmer / Schlafzimmer, in dem sich
das Bett in einer Nische befindet / Cabinet / das Ganze für
die regierende Fürstin
Cabinèt / Chambre/ Antichambre / autre Chabinet / le tout /
pour Le / Prince / Regnants = Kabinett / Zimmer / Vorzimmer / anderes
Kabinet, das Ganze für den regierenden Fürsten
Gardérobe pour Le Prince Reg(nant) = Garderobe für
den
regierenden Fürsten
Gardérobe pour la Princesse Regnante = Garderobe
für die
regierende Fürstin
Grand Escalier = große Treppe
5) Grundriss des zweiten Obergeschosses
Oben mittig: Plan du Second Etage du Chateau de Dornburg = Plan der
zweiten Etage des Dornburger Schlosses <Handschrift
Christ>
Unten links: 23599 <Handschrift D>
Oben mittig: vue du jardin = Ansicht vom Garten <Handschrift
Johanna Elisabeth>
Unten mittig: vue dela Cour et du nouveau jardin = Ansicht vom Hof
und vom neuen Garten
Darunter: Maßstab in 10er-Teilung, insgesamt 90 Einheiten,
Bezeichnung des Maßstabs: Pieds <Handschrift
Christ>
Raumbezeichnungen im Inneren <alle in Handschrift Johanna
Elisabeth>:
Grande Salle = großer Saal
Grand Escalier = große Treppe
Chambre pour les Servantes de Garderobe = Zimmer für die
Garderoben-Mägde
Escalier dérobé = Geheimtreppe
petit (?) Cavin = kleine (?) "Hoehle oder Hohlweg, wo man verborgener
Weise sich einem Orte naehern kann"9
Chambre pour les Fem(m)es de Chambre dela maitresse dela
maison
= Zimmer für die Zimmermädchen der Hausherrin
im Rumpfflügel: Chambre com(m)e la
précédente =
Zimmer wie das vorige
Chambre pour une Svte. = Zimmer für eine Dienerin
Garderobe pour les Svte. = Garderobe für die Dienerinnen
Chambre pour des Svte. = Zimmer für Dienerinnen
Chambre pour des Svte. = Zimmer für Dienerinnen
Chambre parée apartenente ala Grande Salle =
geschmücktes
Zimmer, das zum Großen Saal gehört
Chambres / pour / des / Etrangèrs / Garderobe = Zimmer
für Fremde, Garderobe
Chambres et / Garderobe / pour les Svates de la / Princesse Regnante
= Zimmer / Garderobe / für die Dienerinnen der regierenden
Fürstin
Grand Escalier = große Treppe
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 1574, Folio 25 VS
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 1523, Folio 102
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 2367, Folio 115 und 116
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 2367/1, Folio 1 und
Folio
3
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 1574, Folio 59
Rückseite
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 2367, Folio 96
Rückseite,
Maßangabe auch in Nr. 2367 Folio 98 Vorderseite
- LHASA, DE, Kammer Zerbst, Nr. 1574, Folio 25 Vordeseite
- Wolfgang Trapp: Kleines Handbuch der Maße,
Zahlen, Gewichte und der Zeitrechnung. 3. Auflage-Stuttgart, 1998, S.
229 = RECLAM-WISSEN
- Johann Leonard Frisch (Hrsg.): Nouveau Dictionnaire des
Passagers François-Allemand et Allemand-François,
oder Neues Franzoesisch=Deutsches und Deutsch=Französisches
Woerter=Buch, worinnen die Franzoesischen
Woerter, auch der Kuenste und Wissenschaften, aus den vollkommensten
und
neuesten Woerterbuechern, nebst den noethigen Constructionen und
Redensarten,
durch kuerzlich gezeigte Ethymologie, und durch das gebraeuchlichste,
auch
reineste Deutsche erklaeret worden, daß die Liebhaber beyder
Sprchen
dieses Buch mit großem Nutzen gebrauchen koennen.
Herausgegeben von
Johann Leonhard Frisch, Mitglied der Koenigl. Preuß. Societ.
der Wissenschaften in Berlin. Verbessert von Mr. Mauvillon. Mit
Roemisch=Kaiserlichem, wie
auch Chur=Saechsischen allergnaedigsten Privilegiis.-Leipzig, 1772